
Arbeitnehmer:innenschutz 4.0: Wie die Digitalisierung den Arbeitsplatz verändert
Die Arbeitswelt wird immer digitaler. Das birgt Chancen, aber auch Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Die AUVA startet deshalb im Rahmen ihrer Präventionskampagne „Gemeinsam sicher digital“ im Jahr 2025 mit dem Schwerpunkt „New Work – mobiles und hybrides Arbeiten“.
„Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung“ – so lautet der Titel der Kampagne, die die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) 2023 bis 2025 ins Leben gerufen hat. Das ist auch für die AUVA ein wichtiges Thema, denn die digitale Vernetzung hat unsere Arbeitswelt bereits grundlegend verändert. Künstliche Intelligenz (KI) treibt die Digitalisierung in raschem Tempo weiter voran – dieser Wandel bringt Chancen, aber auch Herausforderungen für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit mit sich.
Daher widmet sich auch die AUVA dem wichtigen Zukunftsthema Digitalisierung von 2024 bis 2026 in Form einer eigenen Präventionskampagne unter dem Motto „Gemeinsam sicher digital“. Im Fokus der AUVA-Digitalisierungskampagne stehen mobiles und hybrides Arbeiten, Automatisierung von Aufgaben sowie digitale Systeme zur Verbesserung des Arbeitnehmer:innenschutzes.
In die Themenwahl flossen die Ergebnisse einer Befragung der Zielgruppen in den Betrieben ein. Bei dieser wurden die Befragten zu ihren Wünschen nach Unterstützung durch die AUVA befragt. Am häufigsten nannten sie die Bereiche Telearbeit und Remote Work, gefolgt von Arbeit auf digitalen Plattformen, intelligenten digitalen Systemen, fortgeschrittener Robotik und KI.
Viele Befragte gingen detailliert auf Herausforderungen der Digitalisierung ein. So wurden die Risiken für Arbeitssicherheit und Gesundheit häufig als schwer fassbar beschrieben. Ein Befragter bringt den Unterstützungsbedarf auf den Punkt: „Diese neuen Themenstellungen sind noch völlig unübersichtlich, gerade im Hinblick auf KI. Es fehlen Richt- und Leitlinien sowie Evaluierungsgrundlagen.“
Kampagnen-Zielsetzungen
Die zentrale Zielsetzung ist die Gestaltung von sicherem und gesundem Arbeiten MIT und TROTZ Digitalisierung: Einerseits unterstützt die AUVA Unternehmen, die Chancen der Digitalisierung für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu nutzen. Andererseits gilt es, die mit Digitalisierung verbundenen Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten rechtzeitig zu erkennen und vorbeugende Maßnahmen zu setzen.
Die AUVA will mit ihrer Kampagne dazu beitragen, Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen in Zusammenhang mit Digitalisierung vorzubeugen. So gelten Kontaktarmut, das Verschwimmen von Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und anderen Lebensbereichen und mangelhafte Regeneration als psychische Belastungsfaktoren im Homeoffice. Gestaltungsempfehlungen helfen Unternehmen, Gesundheitsrisiken zu reduzieren und positive Potenziale des Homeoffice auszuschöpfen.
Als zentrale Voraussetzung für sicheres und gesundes Arbeiten sieht die AUVA, dass bei der Einführung und Nutzung von digitalen Anwendungen im Arbeitsprozess menschliche Fähigkeiten und Bedürfnisse berücksichtigt werden. Daher liegt ein weiterer Fokus der Kampagne auf Partizipationsmöglichkeiten, Datenschutzregelungen und den Prinzipien menschengerechter Arbeitsgestaltung. Wenn z. B. Mensch-Maschine-Schnittstellen nach diesen Prinzipien gestaltet sind, leistet das nicht nur einen Beitrag zur Arbeitssicherheit, sondern verringert auch die Fehleranfälligkeit und erhöht die Akzeptanz unter den Beschäftigten.
Die Phasen der Kampagne:
- In der ersten von Jänner bis August 2025 steht mobiles und hybrides Arbeiten – also die Nutzung digitaler Technologien wie PC oder Smartphone außerhalb der Unternehmensräumlichkeiten – auf dem Programm.
- Die Phase von September 2025 bis Februar 2026 ist der Automatisierung von Aufgaben durch fortgeschrittene Robotik, z. B. in Form von kollaborierenden Robotern, und der Nutzung von KI gewidmet.
- Abschließend werden bis Oktober 2026 digitale Systeme zur Unterstützung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit thematisiert.
Zusätzlich führt die AUVA Forschungs- und Kooperationsprojekte zu unterschiedlichen Aspekten und Herausforderungen der Digitalisierung durch. Die Ergebnisse werden in die Präventionsangebote der AUVA einfließen und diese laufend erweitern.
New Work – mobiles und hybrides Arbeiten
Telearbeit und Remote Work war das hervorstechende Thema der AUVA-Befragung zur Digitalisierung in der Arbeitswelt, die im Mai 2023 online durchgeführt wurde: Bei diesen Arbeitsformen stellten die befragten Experten:Expertinnen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit den stärksten Anstieg in der Nutzung digitaler Technologien fest und wünschten sich am häufigsten eine Unterstützung durch die AUVA.
Die AUVA stellt daher von Jänner bis August 2025 das Thema New Work in den Mittelpunkt ihrer Präventionsaktivitäten. Dieser Begriff steht für den Wandel der Arbeitswelt in Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung und demografischen Veränderungen. Mobile und hybride Arbeit sind Ausprägungsformen von New Work und bieten viele Chancen wie etwa eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, die Gestaltung von effizienten Arbeitsabläufen oder die Reduktion von Wegzeiten und damit Wegunfallgefahren.
Gleichzeitig entstehen Herausforderungen, wenn etwa Erholung durch unklare Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben erschwert wird, die Augen durch Bildschirmarbeit zu stark belastet sind oder wenn die Anforderungen an die Selbstführung der Mitarbeiter:innen nicht mit ihren Kompetenzen und Handlungsspielräumen im Einklang stehen. Die menschenzentrierte Gestaltung von digitaler Arbeit, die Einbindung der Mitarbeiter:innen und die Kompetenzentwicklung auf allen hierarchischen Ebenen sind daher zentral.
Herausforderungen und Belastungen
Homeoffice und mobile Arbeitsmöglichkeiten sind seit der Corona Pandemie deutlich häufiger geworden. Im Jahresdurchschnitt 2023 arbeiteten rund 9 % der Arbeitnehmer:innen mindestens die Hälfte der Arbeitstage von zu Hause aus, im Dienstleistungssektor waren es sogar 20 % (Statistik Austria, Mikrozensus 2023). Die digitale Arbeitsausstattung erleichtert das mobile Arbeiten: 2024 setzten rund 83 % der Unternehmen in Europa Laptops, Tablets, Smartphones oder andere mobile Computergeräte ein – gegenüber 77 % im Jahr 2019 (EU-OSHA, ESENER 2019 und 2024). In Österreich kamen diese mobilen Geräte in rund 84 % der Unternehmen zum Einsatz. Auffällig ist, dass Österreich mit rund 18 % Unternehmen, die Maschinen, Systeme oder Computer mit automatischer Aufgaben-, Arbeitszeit- oder Schichtzuweisung einsetzen, deutlich über dem europäischen Schnitt liegt.

Die Top-3 gesundheitlichen Risikofaktoren bei der Arbeit in Zusammenhang mit Digitalisierung sind allen voran langes Sitzen (71 %), gefolgt von steigender Arbeitsintensität (53 %) und sich wiederholenden Bewegungen (52 %). Weiters wurde die Überlastung mit Informationen von annähernd der Hälfte (46 %) und das Verschwimmen von Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben von rund einem Drittel (32 %) der befragten Unternehmen als Risikofaktor genannt (ESENER 2024, Daten für Österreich).

Unternehmen sind sich dieser Risikofaktoren zunehmend bewusst und thematisieren digitale Technologien bei der Arbeitsplatzevaluierung: Rund 72 % der befragten Unternehmen berücksichtigen den Einsatz digitaler Technologien sehr stark bis stark bei der Evaluierung von arbeitsbedingten körperlichen Belastungen, rund 60 % bei der Evaluierung von Arbeitsunfallgefahren sowie rund 49 % bei der Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastung. Insgesamt geben allerdings nur 36 % der Unternehmen an, dass sie die möglichen Auswirkungen digitaler Technologien auf Sicherheit und Gesundheit mit den Beschäftigten in ihrem Betrieb besprochen haben (ESENER 2024, Daten für Österreich).
Die psychischen Risikofaktoren der Digitalisierung können Technostress, also Stresserleben aufgrund negativer Erfahrungen in der Anwendung von digitalen Technologien am Arbeitsplatz, auslösen. Damit können gesundheitliche Probleme, verringerte Motivation und Produktivität sowie die grundsätzliche Ablehnung von digitalen Technologien einher gehen. Weiters führt die zunehmende Technologisierung dazu, dass Beschäftigte viel Zeit vor Bildschirmen verbringen, seien es PCs, Laptops, Tablets oder auch Smartphones. Diese ständige Nutzung wirkt sich insbesondere auf die Gesundheit der Augen und des Rückens aus. Umso wichtiger ist es, geeignete Präventionsmaßnahmen im Arbeitsalltag zu setzen.
Virtuelles Führen
Das hybride und mobile Arbeiten verändert auch die Anforderungen an die virtuelle Führung, also z. B. die Übermittlung klarer Erwartungen sowie Strukturierungsaufgaben, das Setzen von Regeln und Normen sowie den aktiven Umgang mit Belastungsfaktoren. Es besteht die Notwendigkeit, "virtuelle Arbeit" aufgrund der Lösung von starren Arbeitsstrukturen und fragiler Langzeit-Mitarbeiter:innenbindung neu zu gestalten. Die Ausgewogenheit von Stressoren und Ressourcen hat einen Einfluss auf Gesundheit und Arbeitsengagement von Beschäftigten sowie Führungskräften und muss daher sowohl in der alltäglichen Arbeit als auch in der Führung von Mitarbeiter:innen berücksichtigt werden.
Robotik und KI
In unserer Arbeitswelt spielen heute Robotik und KI eine immer größere Rolle. Sie beeinflussen nicht nur die Produktivität sowie Effizienz, sondern auch die Sicherheit von Beschäftigten. Die rasante Entwicklung dieser Technologien eröffnet neue Möglichkeiten, birgt aber auch Herausforderungen. Insbesondere im Bereich der kollaborativen Zusammenarbeit von Mensch und Maschine sowie bei autonomen Systemen mit KI darf die Sicherheit nicht vernachlässigt werden.
Die neue Rechtsgrundlage im Umgang mit der KI im beruflichen Alltag ist der AI-Act der Europäischen Union, eine legislative Initiative, die darauf abzielt, ein umfassendes Regelungsrahmenwerk für künstliche Intelligenz (KI) zu schaffen.
Er wurde am 12.7.2024 veröffentlicht und zielt darauf ab, die Entwicklung und Nutzung von KI in der EU zu fördern, während gleichzeitig klare Regeln zum Schutz der Grundrechte und Sicherheit der Bürger:innen sowie zur Förderung von Innovationen festgelegt werden. Der AI-Act umfasst Bestimmungen zur Regulierung von Hochrisiko-KI-Anwendungen, zur Transparenz und Verantwortlichkeit von KI-Systemen sowie zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich KI innerhalb der EU.
Digital unterstützende Systeme im Arbeitnehmer:innenschutz
Digitale Systeme spielen eine zunehmend wichtige Rolle im Bereich des Arbeitnehmer:innenschutzes. Die Integration dieser digitalen Systeme in den Arbeitsschutz trägt wesentlich dazu bei, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer:innen zu verbessern. Sie ermöglichen eine präzisere Überwachung, schnelle Reaktionen auf potenzielle Gefahren und bieten umfangreiche Schulungs- sowie Weiterbildungsmöglichkeiten. Solche Technologien unterstützen dabei, moderne Arbeitsumgebungen sicherer und effizienter zu gestalten. Dazu zählen auch Softwarelösungen für das Management der Arbeitssicherheit.
Zu digital unterstützenden Systemen gehören
- Extended Reality (auch Xtended Reality, XR): Gilt als Überbegriff für Virtual- Augmented und Mixed Reality,
- Wearables: Tragbare Technologien bzw. am Körper des Benutzers:der Benutzerin getragene Sensor-/Computersysteme, die kontextbezogen mit dem:der Benutzer:in interagieren und/oder Informationen sammeln,
- Drohnen,
- smarte persönliche Schutzausrüstung sowie
- E-Learning und Online-Schulungsplattformen.
AUVA-Angebote zur Präventionskampagne
Egal ob Augengesundheit, Bildschirmarbeit oder Bewegung, auf der Website https://auva.at/newwork stehen Erklärvideos und Publikationen der AUVA als Download bzw. als Druckwerke zur Bestellung für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen bereit. Alle Fortbildungen zu vergünstigten Konditionen finden Sie unter Webinare & Seminare auf der Kampagnenseite. Mehr zur Kampagne sowie ausführliche Informationen zu Beratungen und Terminen finden Sie ebenfalls auf der Kampagnenseite.

01.04. | 10.00 - 11.00 Uhr

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