Lärm- und Vibrationsbelastungen: Spezielle Evaluierung nach VOLV
Die VOLV ist die Verordnung Lärm und Vibrationen und ist als Verordnung zum ASchG dann relevant, sobald Arbeitnehmer:innen an Arbeitsplätzen Lärm- sowie Vibrationsbelastungen ausgesetzt sind.
Ermittlung und Beurteilung bei Lärmbelastung
Bei der Evaluierung von Lärmbelastungen wird sowohl gehörgefährdender als auch störender Lärm erfasst. Dafür kann das fünf Schritte umfassende Evaluierungsverfahren der AUVA (Merkblatt M.plus 040.E08) angewendet werden.Gefahrenermittlung
Um Sie bei der Gefahrenermittlung zu unterstützen, bieten wir folgende Checklisten an:
Lärmmessung / repräsentative Messergebnisse (Informationssammlung)
Die arbeitsplatzbezogene Lärmmessung mit optionaler Audiometrie (Hörtest) kann bei uns angefordert werden und ist für bei der AUVA versicherte Mitarbeiter:innen kostenlos.
Kontakt für Messungen
Bitte geben Sie folgende Informationen bei der Anfrage bekannt:
- Standort der Lärmmessung (Firmenname, Adresse, opt. Arbeitsstättennummer)
- Kontaktdaten der Ansprechperson im Betrieb
- Bedarf: Arbeitsplatzbezogene Lärmmessung und/oder Audiometrie
Kontakt für Rückfragen
Alternativ können Sie die Messung auch durch einen Zivilingenieur, ein technisches Büro oder eine andere fachkundige Person durchführen lassen.
Statt einer Messung vor Ort können auch Messergebnisse von abgesicherten repräsentativen Messuntersuchungen verwendet werden.
Expositionspegelberechnung (Informationssammlung)
Als Maß für die Lärmbelastung einer Person am Arbeitsplatz gilt der Lärmexpositionspegel.
Darunter versteht man den A-bewerteten energieäquivalenten Dauerschallpegel mit einem Beurteilungszeitraum von einem 8 h Arbeitstag. (Bei stark schwankenden Expositionen kann auch eine 40 h Arbeitswoche als Grundlage herangezogen werden.)
Für die Ermittlung des Lärmexpositionspegels werden folgende Angaben benötigt:
- Dauer der Tätigkeit / Tätigkeiten
- Energieäquivalente/r Dauerschallpegel der Tätigkeit / Tätigkeiten LA,eq
Die energieäquivalenten Dauerschallpegel der Tätigkeiten werden üblicherweise durch Messung vor Ort ermittelt.
Für Baustellen können die Ergebnisse von Messungen an Baustellen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung verwendet werden. Die Ergebnisse dieser Messungen können durch Eingabe des Textes „Lärmbelastung an Baustellenarbeitsplätzen“ und der jeweiligen Berufsgruppe in diversen Internetsuchmaschinen gefunden werden. Die Ergebnisse der Messungen mehrerer Berufsgruppen sind in einem Report zusammengefasst.
Expositionspegelberechnung
Berechnen Sie die Lärm-Exposition einer Person oder Personengruppe in Ihrem Unternehmen nach Vorgaben der VOLV
Technische und Organisatorische Maßnahmenplanung
Wenn Expositionsgrenzwerte überschritten werden, muss gemäß VOLV ein Maßnahmenprogramm zur Lärmminderung ausgearbeitet werden.
Bei der Reihenfolge der Maßnahmen ist das STOP-Prinzip zu berücksichtigen:
S = Substitution oder Gefahrenbeseitigung
T = Technische Maßnahmen
O = Organisatorische Maßnahmen
P = Personenbezogene Maßnahmen (Gehörschutz)
Zur Unterstützung bei der Maßnahmenplanung und deren Dokumentation bieten wir eine eigene Checkliste an.
Die deutsche Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) bietet eine Software für eine vereinfachte Schallprognose in Arbeitsräumen an.
Videos zum Thema Lärm
Auswahl Gehörschutz
Wenn technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschöpft sind, ist Gehörschutz die einzige Möglichkeit, um die Entwicklung einer Lärmschwerhörigkeit zu verhindern.
Als Grundlage für die Auswahl von Gehörschutz empfehlen wir das Merkblatt M.plus 700 „Gehörschutz“ zu verwenden. In diesem Merkblatt werden die Auswahl nach Tragekomfort, eine Abschätzung der akustischen Schutzwirkung mittels HML Check und die verschiedenen Arten von Gehörschutz detailliert beschrieben.
Bei Überschreiten der Auslösewerte für gehörgefährdenden Lärm muss von dem:der Arbeitgeber:in geeigneter Gehörschutz zur Verfügung gestellt werden.
Bei Überschreiten der Expositionsgrenzwerte für gehörgefährdenden Lärm muss der Gehörschutz verpflichtend verwendet werden.
Bei der richtigen Auswahl von Gehörschutz muss vor allem ein
- guter Tragekomfort und
- eine ausreichende bzw. angemessene Schalldämmung
sichergestellt werden.
Beim Tragekomfort sind Parameter wie
- Größe
- Häufigkeit des Auf- und Absetzens
- Sprach- und Signalverständlichkeit
- Hitzeeinwirkung
- Medizinische Aspekte
- Zusammenwirken mit anderer persönlicher Schutzausrüstung (PSA) etc.
zu berücksichtigen.
Je höher der Tragekomfort, desto höher ist die Akzeptanz bei Ihren Mitarbeitern:Mitarbeiterinnen und desto konsequenter wird der Gehörschutz verwendet.
Hinsichtlich der Schalldämmung gibt es sowohl Gehörschutzstöpsel als auch Kapselgehörschutz bzw. Otoplastiken mit vergleichsweise hoher oder niedriger Schalldämmung.
Unter Verwendung des Lärmexpositionspegels und der Dämmwerte des Gehörschutzes kann der Pegel am Ohr bei Verwendung des Gehörschutzes abgeschätzt werden. Dieser muss auf jedem Fall unter dem Expositionsgrenzwert von 85 dB liegen, idealerweise im Bereich von 70 dB bis 80 dB.
Bei Auftreten von akustischen Warnsignalen am Arbeitsplatz muss geprüft werden, ob diese bei Verwendung des Gehörschutzes noch deutlich gehört werden können.
Nachfolgende Excel-Tabellen helfen Ihnen eine Berechnung mittels HML Check durchzuführen:
Eine kostenlose Anwendung ("Software zur Auswahl von Gehörschützern") samt hinterlegter Produktdatenbank bietet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) an.
Wichtige Hinweise
- Für jeden:jede Arbeitnehmer:in muss ein Gehörschutz zur alleinigen Benutzung zur Verfügung gestellt werden (PSA-V).
- Um eine korrekte Verwendung sicherzustellen und die Tragebereitschaft zu erhöhen, ist eine entsprechende Unterweisung der Betroffenen vor der Verwendung von Gehörschutz unbedingt erforderlich.
- Als persönliche Schutzausrüstung verwendete Gehörschützer müssen ausnahmslos eine CE-Kennzeichnung (EN 352) aufweisen. Bei gleichzeitiger Verwendung mit anderer persönlicher Schutzausrüstung muss die Vereinbarkeit sichergestellt werden (z. B. an Schutzhelm befestigter Kapselgehörschutz)
Gesundheitsüberwachung
Das Ziel der Gesundheitsüberwachung bei Lärmbelastung besteht in der frühzeitigen Erkennung von beginnenden Hörminderungen (Lärmschwerhörigkeit).
Ist dies der Fall, müssen zusätzliche Maßnahmen bei der Arbeit (STOP-Prinzip) getroffen werden, um eine weitere Entwicklung einer Lärmschwerhörigkeit zu vermeiden.
Liegt eine gesundheitsgefährdende Lärmeinwirkung vor (LA,EX > 85dB oder bzw. auch LC,peak > 137dB), muss vor Aufnahme der Tätigkeit eine arbeitsmedizinische Untersuchung der Hörfähigkeit durchgeführt werden (Eignungsuntersuchung).
Bei Fortdauer der gesundheitsgefährdenden Lärmeinwirkung muss in regelmäßigen Abständen eine Folgeuntersuchung durchgeführt werden.
Das Untersuchungsintervall zur nächsten Folgeuntersuchung beträgt üblicherweise fünf Jahre. Lautet die Beurteilung der Untersuchung „geeignet mit Verkürzung des Zeitabstandes“, wird der Abstand zur nächsten Folgeuntersuchung“ auf 2,5 Jahre verkürzt.
Liegt eine Lärmeinwirkung mit einem LA,EX zwischen 80dB und 85dB (bzw. LC,peak zwischen 135 und 137dB) vor und deutet die Ermittlung sowie Beurteilung der Gefahren (Evaluierung) oder Gesundheitsbeschwerden von Arbeitnehmer:innen auf ein Gesundheitsrisiko hin, muss der:die Arbeitgeber:in dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer:innen sich auf eigenen Wunsch vor Aufnahme der Tätigkeit sowie bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen (5 Jahre) einer ärztlichen Untersuchung unterziehen können. Diese Untersuchungen dürfen nur von Arbeitsmedizinern:-medizinerinnen durchgeführt werden.
Die Durchführung dieser Untersuchungen muss durch einen:eine ermächtigten:ermächtigte Arzt:Ärztin erfolgen. Eine Liste der ermächtigten Ärzte:Ärztinnen findet sich auf der Website der Arbeitsinspektion.
Die Folgeuntersuchungen bei Lärm können auch von qualifizierten Bediensteten der Träger der Unfallversicherung unter der Verantwortung eines:einer Arztes:Ärztin durchgeführt werden.
Der:die Arbeitgeber:in bekommt bei Eignungs- und Folgeuntersuchungen der Hörfähigkeit lediglich die Beurteilung „geeignet“ oder „geeignet mit Verkürzung des Zeitabstandes“. Das Audiogramm erhält der:die Arbeitgeber:in nicht.
Der:die Arbeitgeber:in ist im Falle einer Eignung mit Verkürzung des Zeitabstandes verpflichtet, die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren für den Arbeitsbereich der Arbeitnehmer:innen zu überprüfen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu setzen.
Die Kosten dieser Untersuchungen sind grundsätzlich vom Betrieb zu tragen.
Der:die Arbeitgeber:in hat jedoch Anspruch auf Ersatz der Kosten durch die Unfallversicherung. Bei AUVA-Versicherten erfolgt dieser Kostenersatz entweder direkt über den:die Arzt:Ärztin oder durch Einreichen der notwendigen Unterlagen.
Ermittlung und Beurteilung bei Vibrationsbelastung
Neben Lärmbelastung erfordert die Verordnung Lärm und Vibration (gemäß §§ 6 und 7 VOLV) auch die Feststellung einer möglichen Vibrationsbelastung der Arbeitnehmer:innen.
Unter Vibrationen am Arbeitsplatz versteht man unerwünschte Schwingungen von handgeführten Maschinen oder Fahrzeugen, die auf den Körper übertragen werden.
Es wird dementsprechend zwischen Hand-Arm- und Ganzkörper-Vibrationen unterschieden, die getrennt voneinander zu beurteilen sind. Dabei müssen Expositionen aus allen auftretenden Quellen summiert werden.
Folgende Grenzwerte dürfen nicht überschritten werden:
Expositionsgrenzwerte:
- Hand-Arm-Vibrationen: ahw,8h = 5 m/s2
- Ganzkörper-Vibrationen: aw,8h = 1,15 m/s2
Für jugendliche Arbeitnehmer:innen gelten folgende Auslösewerte für Vibrationen als Expositionsgrenzwerte:
- Hand-Arm-Vibrationen: ahw,8h = 2,5 m/s2
- Ganzkörper-Vibrationen: aw,8h = 0,5 m/s2
Generell sollte laut § 4. (1) die Exposition der Arbeitnehmer:innen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist, keinen der Auslösewerte überschreiten.
Wenn die Exposition der Arbeitnehmer:innen einen dieser Auslösewerte für Vibrationen überschreitet, sind im Wesentlichen folgende Punkte der VOLV § 8 Abs. 1 und § 9 anzuwenden:
- Information und Unterweisung der Arbeitnerhmer:innen muss erfolgen.
- Maßnahmenprogramm
- Eine VGÜ-Untersuchung muss ermöglicht werden
In bestimmten Räumen muss die Exposition der Ganzkörper-Vibrationen so niedrig wie möglich gehalten werden und es darf maximal der Auslösewert von aw,8h = 0,5 m/s2 erreicht werden.
Kann eine Überschreitung der Expositionsgrenzwerte nicht sicher ausgeschlossen werden, müssen repräsentative Messungen erfolgen. Für die Beurteilung müssen die Expositionszeiten berücksichtigt werden.
Auf dem Markt sind spezielle vibrationsmindernde Handschuhe erhältlich, jedoch erhöhen diese die zulässigen Expositionszeiten nicht.
Schwangere, stillende Mütter, Jugendliche, Lehrlinge, ältere und behinderte Arbeitnehmer:innen gelten als besonders schutzbedürftig. Sind solche Arbeitnehmer:innen exponiert, müssen entsprechende Maßnahmen erarbeitet werden (z. B. Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz).
Gemäß § 6 (4) VOLV dürfen Messungen nur von fachkundigen Personen oder Diensten durchgeführt werden.
Folgende Normen sollen beachtet werden:
- ÖNORM EN ISO 2631 (Ganzkörper)
- ÖNORM EN ISO 5349 (Hand-Arm)
Hinweis: Die AUVA bietet ebenfalls Messungen.
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