Analyse von Arbeitsunfällen

Die systematische und ganzheitliche Analyse von Unfällen und Beinahe-Unfällen ist der Ausgangpunkt für das Lernen aus diesen negativen Ereignissen.

Unfälle werden häufig auf menschliches Versagen zurückgeführt, was jedoch eine triviale Aussage ist, da menschliches Handeln in technischen Abläufen meist eine Rolle spielt. Auch bei automatisierten Prozessen sind menschliche Eingriffe entscheidend, sei es bei der Programmierung oder um unerwünschte Abläufe im letzten Moment zu verhindern.

Neuere Modelle der Unfallentstehung gehen von einer Verkettung von verursachenden Faktoren aus. Das heißt, Unfälle sind das Resultat vieler Ursachen, sodass menschliches Versagen nicht als alleinige Ursache angesehen werden kann. Vielmehr können solche Fehler Hinweise auf zugrundeliegende Faktoren und Bedingungen geben, die diese Ursachen erst ermöglichen.

In der Konsequenz bedeutet diese Grundannahme, dass die Analyse von Arbeits- und Beinahe-Unfällen immer unter systematischer Berücksichtigung des Arbeitssystems erfolgen muss.

Wussten Sie schon?

Die Arbeitgeber:innen haben durch das ASchG § 4 Abs 5 die Pflicht, erforderlichenfalls – insbesondere nach Unfällen – eine Überprüfung und Anpassung der Evaluierung durchzuführen.

Weiterführende Informationen

Webseite der Arbeitsinspektion „Arbeitsunfälle - Gesetzliche Verpflichtungen (arbeitsinspektion.gv.at)

Was ist das Ziel einer Unfallanalyse?

Kommt es im Betrieb zu einem Unfall oder zu einem Beinahe-Unfall, trägt eine genaue Abklärung dazu bei, ähnliche Ereignisse in Zukunft zu vermeiden.

Ziel einer ganzheitlichen Unfallanalyse ist somit die Ermittlung, was passiert ist und warum – mit Hilfe einer systematischen Vorgehensweise. Ein systematisches Vorgehen bei der Unfallabklärung ermöglicht es, die tiefer liegenden Unfallursachen zu ermitteln. Als ganzheitlich wird eine Unfallanalyse bezeichnet, wenn sie Ursachen aus den Bereichen Technik, Organisation und Menschen sowie deren Wechselwirkungen zueinander berücksichtigt.

Ausgehend von den Ergebnissen der Analyse sollen sicherheitsgerichtete Maßnahmen abgeleitet werden, um das betriebliche Sicherheitssystem zu verbessern und gleichgeartete Unfälle in Zukunft zu verhindern.

 

Grundsätze einer ganzheitlichen Unfallanalyse:

  • Jedem Unfall geht eine Kette von Ereignissen voraus. Es gibt also immer mehrere Ursachen.

  • Die handelnde Person ist nicht notwendigerweise der Auslöser oder die Ursache des Unfalls.

  • Die Ereignisanalyse erfolgt unter Berücksichtigung des gesamten Arbeitssystems. Erst wenn die Situation ausreichend beschrieben ist, werden die beitragenden Faktoren identifiziert.

Wie läuft eine Unfallanalyse ab?

Die Analyse setzt sich aus der Ereigniserfassung und der Ereignisbewertung zusammen. 
Diese Unterscheidung dient dazu, ein zu frühes Abbrechen der Analyse und die vorschnelle Bildung von Hypothesen zu vermeiden.

Schritt 1: Auftretensorientierte Ereigniserfassung
Schritt 2: Ursachenorientierte Ereignisbewertung
Schritt 3: Ableitung und Umsetzung von Maßnahmen

Wussten Sie schon?

Die VDI 4006 - Blatt 3 „Menschliche Zuverlässigkeit – Methoden zur Ereignisanalyse“ beschreibt die rückblickende Analyse tatsächlich stattgefundener Ereignisse hinsichtlich des menschlichen Verhaltens im Arbeitssystem. Die Richtlinie bietet somit viele Informationen für die ganzheitliche Durchführung von Ereignisanalysen.

Verein Deutscher Ingenieure VDI-Richtlinie 4006 - Blatt 3 (2013) Menschliche Zuverlässigkeit - Methoden zur Ereignisanalyse.

VDI 4006 Blatt 3 - Menschliche Zuverlässigkeit - Methoden zur Ereignisanalyse | VDI

Schritt 1: Auftretensorientierte Ereigniserfassung

Die Ereigniserfassung ist die sogenannte auftretensorientierte Klassifizierung eines unerwünschten Ereignisses. Sie soll für dieses Ereignis für alle Teilereignisse möglichst eindeutig feststellen, wann und wo diese eingetreten sind, wer was und unter welchen Umständen wie gemacht hat und in welcher Abhängigkeit diese Teilereignisse zueinander stehen.  

Die Ereigniserfassung besteht aus zwei getrennten Prozessen.   

Schritt 2: Ursachenorientierte Ereignisbewertung

Für die Analyse der gesammelten Daten stehen unterschiedliche Verfahren zur Auswahl.

Schritt 3: Ableitung und Umsetzung von Maßnahmen

Jede Maßnahme zur Verbesserung der Arbeitssicherheit bezweckt, die Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle zu reduzieren. Will man zuverlässige und fehlerfreie Leistungen haben, müssen Auftrag, Arbeitszeit und die Arbeitsmittel den menschlichen Leistungsvoraussetzungen angemessen sein. Für möglichst alle identifizierten Ursachen bzw. Faktoren sind im Anschluss an die Analyse Maßnahmen abzuleiten.  Auch hier gilt, technische und organisatorische Maßnahmen vor personenbezogenen – STOP-Prinzip.

In Zusammenarbeit mit:

Logo der WKO, der Industriellenvereinigung, der Arbeiterkammer und des Österr. Gewerkschaftsbundes