Fizkes/Adobe Stock Blick in einen Meeting-Raum mit Online-Zuschaltung über einen TV-Screen

Neue Arbeitswelt: Auf Digitalisierung folgt New Work

New Work umschreibt einen neuen Zugang zum Thema Arbeit in Zeiten einer digitalisierten und globalisierten Welt. Kennzeichen sind flexiblere Arbeitszeitmodelle, eine sich verändernde Erwartungshaltung der Mitarbeitenden und eine Abflachung traditioneller Hierarchien im Job. Das birgt neue Chancen, aber auch Risiken.

12.03.2025
6 Minuten
Mag. Sylvia Ebner, Fachbereich Arbeits- und Organisationspsychologie
Schlagwörter: Digitalisierung

New Work verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, grundlegend. In der Wissenschaft wird New Work häufig als ein umfassendes Konzept betrachtet, das die Transformation der Arbeitswelt durch Digitalisierung, Globalisierung und demografischen Wandel beschreibt.

Die Durchdringung der Berufswelt durch digitale Technologien schreitet voran und hat nicht zuletzt durch die Covid-Pandemie einen gehörigen Schub erfahren. Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglicht den Beschäftigten ein zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten. E-Mails und Diensthandys sind im Arbeitskontext nicht mehr wegzudenken. Mit der Pandemie kam eine vermehrte Nutzung von Videokonferenz-Tools hinzu, gepaart mit einer deutlichen Zunahme von Telearbeit. Auch immer schnellere Internetverbindungen tragen zur Entwicklung bei. Mit all den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung ist ein neues Verständnis von Arbeit entstanden – New Work.  

Chancen und Vorteile von Digitalisierung und New Work

Die Veränderungen der Arbeitswelt durch digitale Technologien bringen Chancen und Vorteile mit sich:

  • Schnelligkeit und Effizienz: Informationen können in Echtzeit ausgetauscht werden, was die Kommunikation erheblich beschleunigt und effizienter macht.
  • Flexibilität: Mobile Endgeräte ermöglichen es Mitarbeitern:Mitarbeiterinnen, überall und jederzeit zu arbeiten, und in weiterer Folge eine flexible Zeiteinteilung. Eine Chance, die aber auch zum Risiko werden kann. Das Zusammenspiel bzw. die Trennung von Arbeit und Freizeit werden neu ausverhandelt.
  • Globale Vernetzung: Menschen können unabhängig von ihrem Standort miteinander kommunizieren, was die Zusammenarbeit und den Austausch von Ideen weltweit fördert.
  • Neue Formen der Zusammenarbeit: Technologien wie Tools für Videokonferenzen und Cloud-Dienste ermöglichen neue Formen der Zusammenarbeit.

 

New Work: Abflachung der Hierarchien, Beschäftigte im Fokus

Aber was bedeuten diese Chancen und Vorteile konkret für die Beschäftigten und das Konzept New Work? Durch die Veränderungen der Arbeitswelt und die beschriebenen Vorteile können neue Organisationsstrukturen im Unternehmen geschaffen werden. Ein zentrales Merkmal von New Work ist die Abflachung oder sogar Abschaffung traditioneller Hierarchien. Einen großen Stellenwert erhält außerdem die stärkere Mitbestimmung der Arbeitnehmer:innen in Entscheidungsprozessen, die mit mehr Verantwortung einhergeht. Die Diskussion um New Work rückt die Erwartungen und die Bedürfnisse der Beschäftigten in den Mittelpunkt, um (potenzielle neue) Mitarbeitende zu gewinnen und die Arbeitszufriedenheit bestehender Teams zu erhöhen. 

Dabei zeigen Studien (Jobst-Jürgens, 2020), dass die Arbeitsbedürfnisse verschiedener Generationen – entgegen der Wahrnehmung aus medialen Diskussionen – stark übereinstimmen. 

Zentrale Wünsche der Beschäftigten
  • Wertschätzende Kommunikation
  • Transparente Diskussionen
  • Eine gute Passung zwischen Anforderungen im Job und den Fähigkeiten der Person
  • Faire Bezahlung
  • Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung
  • Flexibilität
  • Sinnstiftende Tätigkeiten

Herausforderun­gen und Belastungen: Technostress

Aber es gibt auch neue Risiken. Die intensive Nutzung digitaler Technologien und Medien geht mit erhöhten digitalen Anforderungen einher, die auch Teil der psychischen Belastung am Arbeitsplatz sind. Technostress als mögliche Folge beschreibt das empfundene Stresserleben aufgrund negativer Erfahrungen mit digitalen Technologien.

  • Die Komplexität digitaler Technologien kann zu einem Gefühl unzureichender Kompetenzen bei den Mitarbeitenden führen und schlägt sich häufig in einem hohen Zeitaufwand für das Erlernen neuer Fähigkeiten nieder.
  • Auch das Tempo des ständigen Wandels führt zu Verunsicherung, da Mitarbeitende das Gefühl haben, ihre Kompetenzen ständig anpassen zu müssen.
  • Damit verbunden können Ängste vor dem Verlust des Arbeitsplatzes bzw. ein Gefühl der Arbeitsplatzunsicherheit entstehen.
  • Unter Techno-Invasion wird das Potenzial digitaler Technologien beschrieben, die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu überschreiten und ein Gefühl ständiger Erreichbarkeit zu erzeugen.

 

Maßnahmen gegen Technostress

Unternehmen können der Entstehung von Technostress mit folgenden Maßnahmen entgegenwirken:

  • Auswahl stabiler und ausgereifter Technologien und Systeme
  • Berücksichtigung softwareergonomischer Aspekte
  • Einbeziehung der Mitarbeiter:innen in die Auswahl und Einführung neuer Technologien
  • Schulung der Mitarbeiter:innen zum Aufbau notwendiger Kompetenzen
  • Unterstützung bei Auftreten von technischen Problemen
  • Klärung der Rahmenbedingungen für digitale Kommunikation: Wann müssen Mitarbeiter:innen erreichbar sein und wann nicht?

 

Augenstress und Rückenschmer­zen: Körperliche Belastungen im digitalen Zeitalter

Neben Technostress können aber auch körperliche Beschwerden auftreten. Die zunehmende Technologisierung führt dazu, dass Beschäftigte viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen- egal ob vor dem PC, dem Laptop, dem Tablet oder dem Smartphone. Diese intensive Nutzung wirkt sich insbesondere auf die Gesundheit der Augen und des Rückens negativ aus.

Laut Fehlzeitenreport 2024 sind 18,5 Prozent aller Krankenstandstage auf Muskel-Skelett-Erkrankungen wie z. B. Verspannungen im Nacken und Schulterbereich zurückzuführen.

  • Die Ursache für die zunehmenden Probleme mit Augen und Rücken liegt im veränderten Nutzungsverhalten im digitalen Zeitalter: Unsere Augen sind nicht darauf ausgelegt, den Blick nur in die Nähe zu fixieren. Sie benötigen zur Entspannung wiederholt den Blick auf ein fernes Ziel. Mit der Nutzung digitaler Geräte hat sich unser Sehradius aber überwiegend auf nahe Distanzen reduziert. 
  • Zusätzliche Reflexionen, Spiegelungen oder unterschiedliche Kontraste führen zu „digitalem Augenstress“ und damit zu einer Ermüdung des Sehsystems. 
  • Schlechtes Sehen kann körperliche Beschwerden verursachen. Wenn die eigene Körperhaltung ständig korrigiert werden muss, um den Bildschirm scharf zu sehen, führt das zu Zwangshaltungen und in Folge zu arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen.
R.Reichhart / AUVA Mann schaut auf PC-Bildschirm
Lukas Hofreiter / AUVA Illustration: Zusammenhang Körperhaltung, visuelles System und Muskel-Skelettapparat

Wann liegt Bildschirmarbeit vor?

Bildschirmarbeit verrichtet man, wenn man durchschnittlich

  • mehr als 2 Stunden ununterbrochen oder
  • mehr als 3 Stunden pro Tag am Bildschirm arbeitet.

Laut Bildschirmarbeitsverordnung § 11 und § 12 hat der:die Arbeitgeber:in bei Vorliegen von Bildschirmarbeit eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens anzubieten. Sollte die Untersuchung die Anpassung einer Bildschirmarbeitsbrille erfordern, sind die Kosten von dem:der Arbeitgeber:in zu übernehmen.

Was genau ist eine Bildschirmarbeitsbrille?

Eine Bildschirmarbeitsbrille ist individuell für die Sehanforderungen am Bildschirmarbeitsplatz angepasst. Sie bietet ein großes Sichtfeld für den Nahbereich und gleichzeitig für die Sehsituation "Bildschirm".

R.Reichhart / AUVA Blick durch Bildschirmarbeitsbrille auf Computer-Screen

Maßnahmen für die Augen- und Rückengesund­heit 

  • Optimale Lichtverhältnisse schaffen
  • Auf ergonomischen Bildschirmarbeitsplatz achten: Für eine individuell angepasste Arbeitshaltung müssen sich Sitz- und Tischhöhe je nach Körpergröße und -proportionen anpassen lassen
  • Dynamisches Sitzen ermöglichen
  • Für gute Luft und ausreichende Luftfeuchtigkeit sorgen
  • Bewegte Bildschirmpausen einlegen
  • Blick regelmäßig in die Ferne richten und viel blinzeln
  • Während der Bildschirmpause keine Smartphones, Tablets etc. nutzen
  • Ausreichend trinken
  • Bei Bedarf mehrmals täglich Augentropfen verwenden
  • Sehvermögen regelmäßig überprüfen lassen

Führungskräfte im Zeitalter von New Work und Digitalisierung

Führungskräfte können durch ihre Entscheidungen und ihr Verhalten negative Folgen, wie körperliche Belastungen oder Technostress, verstärken oder auch reduzieren

Destruktives Führungsverhalten, das die verfügbaren Ressourcen einschränkt und als feindselig oder behindernd empfunden wird, wirkt verstärkend im negativen Sinne. Auch die Erwartungen mancher Führungskräfte im digitalen Zeitalter an die Verfügbarkeit der Mitarbeitenden außerhalb der Arbeitszeit können ungesunde Folgen für die Beschäftigten haben.

Aktive Unterstützung, die Bereitstellung der notwendigen Ausstattung und klare Kommunikationsregeln helfen hingegen dabei, negative Auswirkungen durch digitale Technologien zu reduzieren. Dies gilt insbesondere für die virtuelle Teamarbeit.

Maßnahmen für eine gute virtuelle Zusammenarbeit

    • Vertrauen seitens des:der Arbeitgebers:Arbeitgeberin erhöht die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden
    • Aufgaben und Zuständigkeiten klar definieren
    • Regelmäßig Mitarbeiter:innengespräche und Feedback einplanen
    • Regelmäßige Präsenztreffen helfen Nachteile des virtuellen Raums auszugleichen
    • Regelmäßige Informationsweitergabe über Projektfortschritte und persönliche Leistungen als bindungsförderndes Feedback nutzen
    • Informelle, digitale Austauschräume zur Verfügung stellen

 

New Work in der Produktion

New Work wird häufig mit Büro- oder Wissensarbeit in Verbindung gebracht, kann aber auch in der Produktion umgesetzt werden:

  • Flexibilisierung der Arbeitszeiten in der Produktion
  • Einführung moderner Technologien für die Automatisierung von Prozessen, digitale Kommunikation und Datenanalyse
  • Einführung agiler Methoden und kontinuierlicher Verbesserungsprozesse, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können 
  • Stärkere Einbindung der Mitarbeiter:innen in Entscheidungsprozesse und Abflachung von Hierarchien  

Skepsis und Optimismus gegenüber New Work 

Die fortschreitende Digitalisierung bietet viele Chancen und Möglichkeiten zur Verbesserung im Arbeitsleben und wird von den Mitarbeitenden auch gewünscht. Trotzdem wird die tatsächliche Umsetzung oft skeptisch gesehen, es besteht dann der Verdacht, dass neue Arbeitsprozesse letztlich hauptsächlich im Interesse der Arbeitgeber:innen zur Rationalisierung und Profitmaximierung eingeführt werden.

Der Wunsch nach mehr Beteiligung und Weiterbildung zeigt, dass Mitarbeitende den aktuellen Wandel aktiv mitgestalten möchten. Die Einbindung der Beschäftigten in die Umsetzung von New Work ist somit entscheidend, um die Zufriedenheit und das Engagement der Mitarbeiter:innen zu fördern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. 

Weitere Infos

Alle Infos zur AUVA-Kampagne "Gemeinsam sicher digital" und zum Kampagnen-Schwerpunkt "New Work" finden Sie auf unserer Website:

Literatur

Jobst-Jürgens, V. (2020). New Work. Was relevante Arbeitsnehmergruppen im Job wirklich wollen – eine empirische Betrachtung. Springer Gabler: Wiesbaden.