R.Reichhart / AUVA Zwei lächelnde Frauen schütteln einander die Hände

Ergonomie lohnt sich: Einblicke in die AUVA-Beratung

Wie die AUVA Unternehmen am Weg zu einer ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen unterstützen kann, wie eine Beratung abläuft und an wen sich Unternehmen wenden können, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

10.11.2025
4 Minuten
Marlene Cordas-Pernjak
Schlagwörter: Ergonomie

Ergonomie ist kein Nice-to-have, sondern Notwendigkeit für gesunde und leistungsfähige Arbeitsplätze. Sie hilft, körperliche und psychische Belastungen zu reduzieren, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern. Unternehmen profitieren von weniger Krankenständen, höherer Produktivität und einem besseren Betriebsklima. Die AUVA unterstützt Betriebe als kompetente Partnerin bei der ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen – praxisnah, kostenlos bzw. kostengünstig und gesetzlich fundiert. Denn Arbeitgebende sind zur Arbeitsplatzevaluierung gesetzlich verpflichtet – ergonomische Aspekte sind dabei ein zentraler Bestandteil. 

Kontakt­aufnahme: der erste Schritt zur Beratung

R.Reichhart / AUVA Zwei Frauen begrüßen einander mit Handschlag

Viele Unternehmen treten mit unterschiedlichsten Anliegen an die AUVA heran. Die Bandbreite der Anfragen reicht von allgemeinen Fragestellungen bis hin zu sehr spezifischen Themen – mögliche Fragen können sein:

  • „Wie können wir die körperliche Belastung unserer Handwerker:innen messen?“
  • „Nach einem Arbeitsunfall möchten wir die Ergonomie in der Produktion verbessern.“
  • „Wir haben vermehrt Beschwerden bei Bildschirmarbeitsplätzen – was können wir tun?“
  • „Wie können wir Fehlbelastungen an unseren Maschinenarbeitsplätzen effektiv reduzieren?“
  • „Gibt es Möglichkeiten zur Entlastung beim Heben und Tragen schwerer Produkte?“

Die Kontaktaufnahme mit der zuständigen Präventionsabteilung der jeweiligen AUVA-Landesstelle erfolgt unkompliziert per Telefon oder E-Mail (siehe Kontakte). Je nach Anliegen bietet die AUVA Workshops, Schulungen oder individuelle Beratungen an. Für eine gezielte Unterstützung ist es hilfreich, wenn Betriebe vorab Informationen bereitstellen – etwa zu Arbeitsplätzen, Unfallhäufigkeit, Krankenständen oder besonderen Belastungen. So kann die Beratung optimal vorbereitet werden.

Vor-Ort-Beratung: gemeinsam den Arbeitsplatz verstehen

R.Reichhart / AUVA Zwei Frauen stehen in einem Geschäftslokal. Eine deutet mit dem linken Arm auf etwas, die andere blickt in die angedeutete Richtung.

Die Beratung erfolgt meist gemeinsam mit Führungskräften, Sicherheitsfachkräften, Sicherheitsvertrauenspersonen und/oder Mitarbeitenden, die besonders in betriebliche Sicherheits- und Gesundheitsthemen eingebunden sind. Beim ersten Gespräch geht es vorrangig um die Erfassung des IST-Zustandes und darum, bestehende Belastungen an bestimmten Arbeitsplätzen zu erfassen und zu analysieren. Typische Einstiegsfragen können sein:

  • Welche Tätigkeiten werden häufig ausgeführt?
  • Wie werden diese Tätigkeiten ausgeführt?
  • In welchen Körperhaltungen wird vorwiegend gearbeitet?
  • Wo treten Beschwerden oder Belastungen auf?
  • Welche Maßnahmen wurden bereits gesetzt?

Bei der gemeinsamen Begehung werden Arbeitsabläufe beobachtet und dokumentiert. Dabei werden nicht nur offensichtliche Risiken thematisiert, sondern auch subtile Belastungen, die sich langfristig negativ auswirken können. Für eine objektive Bewertung sind Arbeitsplatzbeschreibungen, Sicherheitsdatenblätter oder Fotos hilfreich. Gespräche mit Mitarbeitenden runden eine realistische Einschätzung von Arbeitsbedingungen durch die AUVA-Experten:Expertinnen für Ergonomie ab.

R.Reichhart / AUVA Eine Frau steht in einem Geschäft und fotografiert mit dem Mobiltelefon.

Belastungen erkennen – interdisziplinär handeln

Physische Belastungen treten in vielen Arbeitsbereichen besonders häufig auf, z. B. durch Zwangshaltungen, repetitive Bewegungen, Heben und Tragen von Lasten oder manuelles Ziehen und Schieben. Um diese gezielt zu erkennen und zu bewerten, kommen je nach Fragestellung unterschiedliche ergonomische Analyseinstrumente zum Einsatz. Neben praxisnahen Methoden wie der Leitmerkmalmethode oder speziellen Checklisten (beispielsweise zum Bildschirmarbeitsplatz) werden auch professionelle, international anerkannte Tools verwendet. Darunter sind:

  • EAWS (Ergonomic Assessment Worksheet): ein umfassendes Bewertungsinstrument zur Analyse körperlicher Belastungen, insbesondere bei manuellen Tätigkeiten.
  • Motion-Capture-Analyse: Sensoren an definierten Körperstellen erfassen Bewegungsintensität, Gelenkswinkel und Haltungsdauer. Die softwaregestützte Auswertung erfolgt nach etablierten Verfahren (REBA, RULA, EAWS).
  • Human-Dynamics-Analyse: Videobasierte Erfassung einzelner Arbeitsschritte, farbcodierte Winkelmessungen zeigen ergonomische Risiken und helfen, Arbeitsabläufe gezielt zu optimieren.

Neben physischen Belastungen spielen auch psychische Faktoren wie Zeitdruck, unklare Aufgabenverteilung oder ein angespanntes Betriebsklima eine Rolle. Hier werden AUVA-Experten:Expertinnen aus der Arbeitspsychologie hinzugezogen. Für eine ganzheitliche Betrachtung kombiniert das Programm AUVAfit ergonomische und arbeitspsychologische Ansätze, um Fehlbelastungen zu erkennen, zu minimieren und gesundheitliche Folgen vorzubeugen (siehe auch Blog-Beitrag "Mit AUVAfit ans Ziel").

Auch Umgebungsfaktoren wie Temperatur, Beleuchtung, Lärm oder Vibrationen können mit in die Beratung einfließen. Bei Bedarf werden weitere AUVA-Fachbereiche hinzugezogen, z. B. Strahlenschutz, Maschinensicherheit oder Chemie.

R.Reichhart / AUVA Zwei Frauen sitzen an einem Tisch und sprechen über Unterlagen, die am Tisch liegen

Erste Anpassungen und langfristige Maßnahmen

Schon während der Begehung ergeben sich oft erste Empfehlungen für Optimierungsmaßnahmen. Die AUVA-Experten:Expertinnen nutzen das STOP-Prinzip – Substitution, Technisch, Organisatorisch, Persönlich – um aus der Analyse weitere, konkrete Maßnahmen abzuleiten. Beispiele dafür sind:

Kurzfristig umsetzbare Maßnahmen

  • Technisch: Anpassungen an bestehenden Arbeitsplätzen, z. B. Arbeitshöhen, Greifräume, Beleuchtung.
  • Organisatorisch: Optimierung von Arbeitsabläufen, Einführung von Mikropausen und Ausgleichsbewegungen.
  • Persönlich: Unterweisung der Mitarbeitenden in rückenschonendes Arbeiten und gezielte Übungen am Arbeitsplatz.

Langfristige Maßnahmen

  • Substitution: Belastende Tätigkeiten durch technische Hilfsmittel oder Automatisierung ersetzen (z. B. Hebehilfen).
  • Technisch: Investition in ergonomische Ausstattung wie höhenverstellbare Tische, ergonomische Stühle oder Hebe- und Greifhilfen.
  • Organisatorisch: Arbeitsorganisation und Prozesse optimieren.
  • Persönlich: Regelmäßige Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeitende, Förderung gesundheitsgerechten Verhaltens und Einbindung in betriebliche Gesundheitsprogramme.
R.Reichhart / AUVA Drei Frauen stehen in einem Geschäftslokal

Vorteile der Zusammenarbeit mit der AUVA

Die AUVA bietet:

  • Kostenlose Beratung durch Experten:Expertinnen, kostengünstige Fachvorträge oder Workshops
  • Individuelle Lösungen für unterschiedliche Branchen und Tätigkeiten
  • Interdisziplinären Austausch mit anderen Fachabteilungen (z. B. Strahlenschutz, Lärm, Arbeitspsychologie, Maschinensicherheit, Chemie, Pädagogik)
  • Unterstützung bei gesetzlicher Umsetzung – ohne die Verantwortung des Betriebs zu übernehmen

Die Beratung hilft, „blinde Flecken“ zu erkennen und gezielt zu handeln – mit dem Blick von außen und dem Know-how aus der Praxis.

 

Nachhaltige Verbesserung und nächste Schritte

Nach der Beratung erhalten Betriebe einen ausführlichen Bericht mit

  • Bezug zu gesetzlichen Rahmenbedingungen
  • konkreten Empfehlungen zur Verbesserung und Optimierung von Arbeitsplätzen und -prozessen
  • gemeinsam definierten Zielsetzungen für ergonomische Maßnahmen.
lscom Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch und schaut auf einen Bildschirm.

Wer sich intensiver mit dem Thema Mitarbeiter:innen-Gesundheit auseinandersetzen möchte, findet durch laufende Kampagnen und thematische Schwerpunkte der AUVA zahlreiche Impulse, um gezielt in die Prävention der Belegschaft zu investieren. Eine Vielzahl anwendungsorientierter Materialien, Handlungshilfen und Checklisten, die kontinuierlich erweitert und angepasst werden, rundet das Beratungsangebot für Betriebe zusätzlich ab. 

 

Fazit

Ergonomische Beratung bei der AUVA ist praxisnah, größtenteils kostenlos und individuell. Sie hilft, Arbeitsplätze gesund und sicher zu gestalten – und unterstützt Betriebe dabei, gesetzliche Vorgaben umzusetzen und die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu fördern.

Jetzt mit Ihrer AUVA-Servicestelle Kontakt aufnehmen – wir beraten Sie gerne!

R.Reichhart / AUVA Eine Frau sitzt am Fahrersitz eines PKW und winkt aus dem Fenster

Weitere Infos

... zur ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie zu den Angeboten der AUVA im Fachbereich Ergonomie finden Sie hier:

Bei Fragen zum Thema steht Ihnen das AUVA-Präventionsteam gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter sichereswissen@auva.at