
Arbeitssicherheit im Zeitalter von Robotik und KI: Zwischen Innovation und Verantwortung
Robotik und Künstliche Intelligenz (KI) bieten Unternehmen enorme Chancen. Doch wie gelingt der Einsatz, ohne die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden zu gefährden? In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Risiken es zu beachten gilt, welche Schutzmaßnahmen sinnvoll sind und wie der EU AI Act einen rechtlichen Rahmen für den verantwortungsvollen Umgang mit KI schafft.
Roboter und Künstliche Intelligenz (KI) halten zunehmend Einzug in unsere Arbeitswelt. Sie übernehmen präzise, repetitive Aufgaben mit hoher Effizienz und können sogar in gefährlichen Umgebungen eingesetzt werden. In Branchen von der Automobilfertigung über die Logistik bis hin zum Gesundheitswesen bieten Robotersysteme und KI-Anwendungen bereits heute wertvolle Unterstützung. Gleichzeitig stellen sich neue Fragen rund um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz: Die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine bringt zwar technologische Vorteile, ist aber auch mit Risiken verbunden. Auch auf regulatorischer Ebene gewinnt das Thema an Bedeutung – so hat die EU mit dem AI Act 2024 einen Rechtsrahmen geschaffen, der die Entwicklung und Nutzung von KI fördern und zugleich klare Sicherheits- sowie Grundrechtsschutzmechanismen etablieren soll. Dieser Beitrag beleuchtet zentrale Chancen, Risiken sowie Maßnahmen für einen sicheren Einsatz von Robotik und KI im Arbeitskontext.
Effizienz und Produktivität
Automatisierung durch Robotik und KI kann die Produktivität erheblich steigern. Roboter arbeiten ermüdungsfrei rund um die Uhr und erledigen Aufgaben schneller und fehlerfreier als Menschen. KI-Systeme optimieren Prozesse und treffen Entscheidungen in Sekundenbruchteilen. Ein Beispiel ist die „Predictive Maintenance“: KI-Algorithmen werten Sensordaten von Maschinen aus, erkennen Verschleiß frühzeitig und optimieren Wartungsintervalle. Dadurch werden ungeplante Stillstände vermieden, Stress durch plötzliche Störungen reduziert und Kosten gesenkt.

Entlastung bei gefährlichen oder belastenden Tätigkeiten
Robotik kann Mitarbeiter:innen von gefährlichen oder einseitig körperlich belastenden Arbeiten entlasten. Industrieroboter erhöhen die Sicherheit, indem sie gefährliche, monotone oder ergonomisch ungünstige Aufgaben übernehmen – etwa beim Heben schwerer Lasten oder beim Umgang mit gefährlichen Stoffen. So werden Beschäftigte vor Unfällen und Spätfolgen geschützt. Die körperliche Beanspruchung sinkt, was auch die Ausfallzeiten verringert.

Neue Kommunikations- und Arbeitsformen
KI-Technologien ermöglichen innovative Mensch-Maschine-Interaktionen. Spracherkennung und Sprachsteuerung erlauben eine intuitive Bedienung in natürlicher Sprache. Beschäftigte können dadurch Anlagen per Sprachbefehl steuern, was die Hände freihält. Auch Sprachbarrieren werden reduziert – etwa in mehrsprachigen Teams. Im Büroalltag unterstützen KI-gestützte Assistenten wie Chatbots, indem sie auf Störmeldungen reagieren, Wartungsanleitungen bereitstellen oder Routineanfragen beantworten.

Flexibilität und neue Einsatzbereiche
Moderne Roboter sind vielseitig einsetzbar – von Haushalts- und Pflegerobotern über Liefer- und Transportroboter bis hin zu Assistenzsystemen in Bildung, Sicherheit oder Gastronomie. So entstehen passgenaue Lösungen für unterschiedlichste Branchen. Beispielsweise transportieren mobile Roboter in der Logistik Material automatisch, während kollaborative Roboter direkt mit Mitarbeitenden zusammenarbeiten. Insgesamt sorgen Robotik und KI für mehr Flexibilität, indem sie Arbeitsprozesse dynamisch anpassen und auf Personalengpässe oder steigende Nachfrage rasch reagieren können.
Beispiele unterschiedlicher Roboterarten
Technostress und psychische Belastung
Die intensive Nutzung digitaler und autonomer Technologien bringt neue Belastungen mit sich – psychisch wie physisch. Ein zentrales Stichwort ist dabei der „Technostress“: Die Komplexität moderner Systeme kann bei Beschäftigten das Gefühl auslösen, nicht ausreichend qualifiziert zu sein. Das Erlernen neuer Fähigkeiten beansprucht Zeit, das Innovationstempo sorgt für Unsicherheit. Die Folge: Sorgen um Arbeitsplatzverlust oder Zukunftsängste.
Gefahren in der Mensch-Maschinen-Kollaboration
Wo Menschen und Roboter direkt zusammenarbeiten – etwa bei kollaborativen Robotern oder Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) – können gefährliche Situationen entstehen. Ohne ausreichende Schutzmaßnahmen drohen Kollisionen oder der Zugang zu Gefahrenbereichen. Trennende Schutzeinrichtungen wie Schutzzäune oder verriegelte Türen sind daher essenziell. Alternativ oder ergänzend kommen berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen wie Lichtschranken oder Laserscanner zum Einsatz, die bei Gefahr den Betrieb stoppen. Werden solche Systeme manipuliert oder versagen sie, steigt das Unfallrisiko drastisch.
Fehlfunktionen und Cybersecurity
KI und Roboter basieren auf Programmen und Sensordaten. Sind diese fehlerhaft oder unvollständig, drohen Fehlentscheidungen. So könnte ein Roboter ein Hindernis nicht erkennen und dadurch Menschen gefährden. Vernetzte Systeme sind zudem potenzielle Ziele für Cyberangriffe – mit Risiken für die funktionale Sicherheit. Ohne geeignete technische und organisatorische Maßnahmen können solche Fehler ernsthafte Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit darstellen.

Maßnahmen für einen sicheren und gesunden Technologieeinsatz
Damit Robotik und Künstliche Intelligenz nicht nur effizient, sondern auch sicher in den Arbeitsalltag integriert werden können, braucht es mehr als nur technologische Innovation. Entscheidend ist ein ganzheitlicher Präventionsansatz, der sowohl technische als auch organisatorische Aspekte berücksichtigt. Von der Gefährdungsbeurteilung über die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bis hin zu Schulung und Notfallmanagement – die folgenden Maßnahmen zeigen, wie Unternehmen den Einsatz neuer Technologien verantwortungsvoll und sicher gestalten können.
- Gründliche Gefährdungsbeurteilung
Vor der Inbetriebnahme eines Robotersystems oder KI-Tools ist eine umfassende Risikobeurteilung gesetzlich vorgeschrieben. Dabei müssen mechanische, elektrische, ergonomische und psychische Gefahren systematisch erfasst und geeignete Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Diese Analyse ist auch Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung gemäß Maschinen-Sicherheitsverordnung 2010 (MSV 2010). Für KI-Systeme muss zudem eine Risikoeinstufung entsprechend ihren potenziellen Auswirkungen gemäß AI Act erfolgen. - Einhaltung von Normen und Vorschriften
Robotiksysteme müssen der EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sowie spezifischen Normen entsprechen (z. B. EN ISO 10218-1/-2, ISO/TS 15066, EN ISO 3691-4, EN ISO 13482). Diese liefern praxisnahe Standards für Konstruktion, Betrieb und Wartung. Für KI-Systeme gilt ergänzend der AI Act. Die Einhaltung dieser Vorgaben gewährleistet einen sicheren Einsatz. - Technische Schutzmaßnahmen
Bei Roboteranwendungen müssen alle Gefahrenbereiche abgesichert sein – sei es durch trennende Einrichtungen wie Schutzzäune und verriegelte Türen oder durch Sensoren wie Lichtvorhänge, Laserscanner und Kamerasysteme. Not-Halt-Einrichtungen müssen gut erreichbar, funktionstüchtig und regelmäßig geprüft werden. Die technische Absicherung bildet das Fundament für einen unfallfreien Betrieb. - Organisation und Schulung
Sicherheit entsteht nicht allein durch Technik – auch Organisation und Mensch spielen eine zentrale Rolle. Beschäftigte sollten frühzeitig einbezogen, geschult und regelmäßig weitergebildet werden. Die Schulungen müssen dokumentiert werden und auch den Umgang mit KI-Systemen einschließen. Notfallpläne (z. B. bei Fehlfunktionen, Ausfällen oder Cyberangriffen) sollten bekannt, regelmäßig geübt und aktuell gehalten werden.
Fazit
Robotik und KI verändern die Arbeitswelt grundlegend – sie bieten große Chancen für mehr Sicherheit und Gesundheitsschutz, wenn sie sicher und rechtskonform integriert werden. Die AUVA unterstützt Betriebe mit praxisnahen Informationen, Schulungen und Seminaren wie auch Beratungen direkt vor Ort. Mit technischer Absicherung, organisatorischer Sorgfalt und der aktiven Einbindung der Beschäftigten lassen sich die Potenziale von KI und Robotik sicher nutzen.
Veranstaltungshinweis
AUVA-Publikationen zum Thema

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09.10. | 10:00 - 11:30 Uhr, Online

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