Traumazentrum Wien-Brigittenau: Absiedelung innerhalb eines Monats erfolgreich abgeschlossen
Innerhalb von rund 30 Tagen haben Hunderte Mitarbeiter:innen der AUVA Unglaubliches geleistet. Nur wenige Stunden nach der Entscheidung des Verwaltungsrates Ende Februar, aus Schutz für Leib und Leben ein ganzes Spital abzusiedeln, startete eines der komplexesten logistischen Projekte der letzten Jahrzehnte im österreichischen Gesundheitssektor.
Während die Erstversorgung, der Stations- sowie der OP-Betrieb des Traumazentrums Wien, Standort Brigittenau weiterliefen, musste innerhalb von nur vier Wochen eine sichere und reibungslose Versorgung von Unfallverletzten in Wien organisiert werden.
Im Wesentlichen sind die Herausforderungen in drei große Bereiche zusammenzufassen:
I. Sicherstellung des laufenden Betriebs
- Ambulanz und Erstversorgung am Standort Brigittenau sicherstellen
- OP und stationären Betrieb parallel zum Umzug weiterführen
- Versorgung und Akutfällen in den Standort Meidling und ins AKH Wien verlegen
- Subakutfälle ins TZW Meidling umleiten
- Zur Verfügung stellen von Infrastruktur für bereits vereinbarte Operationen
- Umsiedlung/Aktivierung aller Unterstützungsleistungen von IT über Logistik bis zu Sterilisation
- Mitarbeiter:innenschutz
II. Das Gebäude Brigittenau feuerpolizeilich sicher machen
- Brandlast reduzieren: Alle brennbaren und beweglichen Materialien ausräumen
- Technische Maßnahmen (z. B. neue Brandschutzbeschichtung) einleiten
- Betriebsfeuerwehr aufbauen
III. Planen für die Zukunft
- Zeitnahe Container- oder Modullösung
- Standortentwicklung 2030
I. Sicherstellung des laufenden Betriebs
1. Ambulanz und Erstversorgung am Standort Brigittenau sicherstellen
Der Standort wird laufend feuerpolizeilich gesichert. Sofortige bauliche Maßnahmen und brandschutztechnische Ertüchtigungen werden in enger Zusammenarbeit mit der Behörde durchgeführt. Die am Standort Brigittenau weiterbetriebene Erstuntersuchungsambulanz hat, wie auch in der Vergangenheit, unverändert das Ziel der Versorgung ambulant kommender Verletzter und ist dafür in einem notwendigen Ausmaß ausgestattet.
Dies beinhaltet:
- die gesamte Infrastruktur der bildgebenden Untersuchungsmethoden (Röntgen, CT, MRT)
- die Durchführung von Wundversorgungen in örtlicher Betäubung
- die konservative Versorgung von Frakturen oder Zerrungen bzw. Verrenkungen von Gelenken im Sinne einer (falls erforderlich) Einrichtung und Ruhigstellung im Verband oder Gips
2. OP und stationären Betrieb parallel zum Umzug weiterführen
Am 25. März 2024 wurde der letzte OP-Termin im TZW Brigittenau erfolgreich durchgeführt. Parallel dazu wurden sukzessive stationäre Patienten:Patientinnen entlassen bzw. ins TZW Meidling transferiert, um eine nahtlose Versorgung sicherzustellen. Der letzte stationäre Patient verlässt heute den Standort Brigittenau.
Während der Absiedelungsphase…
- wurden 2.631 Patienten:Patientinnen in der Ambulanz erstbehandelt
- wurde das TZW Brigittenau 156 Mal von Rettungen angefahren. Die Rettungszufahrt war in diesem Zeitraum stets für Arbeitsunfälle geöffnet.
- wurden 264 Operationen durchgeführt
- wurden 235 Patienten:Patientinnen ambulant nachbehandelt.
3. Versorgung und Akutfällen in den Standort Meidling und ins AKH Wien verlegen
Die Aufgabe war sicherzustellen, dass die Versorgung von Unfallverletzten, nach der Schließung des stationären und operativen Bereiches am Standort Brigittenau – bis zur Wiederaufnahme des dortigen Betriebs – im Wesentlichen am Standort Meidling bzw. in Kooperation mit dem WiGev und der MedUni im AKH Wien durchgeführt wird.
In Meidling ist für diese Zeit durch die Bereitstellung von bis zu zusätzlichen 52 Betten und einer Erhöhung der OP-Kapazität auf zusätzlich 168 h pro Woche eine entsprechende Kompensation gewährleistet: Bis Jahresende wird so der größte Teil der Akutoperationen des Standorts Brigittenau übernommen.
Durch die Bereitstellung von 23 Betten und einer zusätzlichen Intensivstation (6 Betten) ergibt sich die Möglichkeit der Kompensation von weiteren drei Akut-OPs pro Tag in Kooperation mit dem ärztlichen Team von AKH Wien und MedUni Wien in Zusammenarbeit mit Pflege- und Anästhesiepersonal der AUVA am Standort AKH Wien. Erste AUVA-Mitarbeiter:innen treten in der ersten April-Woche ihren Dienst im AKH Wien an und werden dort entsprechend ongeboardet. Die Normalstation wird ab Mitte April sukzessive Patienten:Patientinnen versorgen, die Intensivstation folgt Anfang Mai. Für Letztere werden technische Gerätschaften in der kommenden Woche vom Standort Brigittenau ins AKH Wien übersiedelt.
4. Subakutfälle ins TZW Meidling umleiten
Im TZW Meidling werden zusätzlich subakute Fälle, also Fälle mit verzögerter Dringlichkeit, versorgt. Darunter versteht man beispielsweise einen Mittelhandknochenbruch, der zuvor in der Erstbehandlung in der Brigittenau stabilisiert wurde und innerhalb einer Woche operiert wird.
5. Zur Verfügung stellen von Infrastruktur für bereits vereinbarte Operationen
379 geplante Eingriffe mussten verschoben werden. Die betroffenen Patienten:Patientinnen werden derzeit über Ersatztermine informiert:
- Rund 130 geplante OPs finden ab 19. April in der Privatklinik Confraternität statt: Für 19. und 26. April wurden bereits je 8 Termine vergeben und den Patienten:Patientinnen kommuniziert.
- Etwa 250 geplante OPs werden ab Mitte April im TZW Meidling abgearbeitet.
Sämtliche Patienten:Patientinnen mit Plan-OPs wurden zunächst schriftlich über die Verschiebung informiert und werden nun telefonisch kontaktiert, um neue Termine zu vereinbaren.
6. Umsiedlung/Aktivierung aller Unterstützungsleistungen von IT über Logistik bis zu Sterilisation
Ein Spital besteht nicht nur aus Ärzten:Ärztinnen und Pflegekräften. Eine Übersiedlung betrifft auch alle Services und Leistungen, die rund um den eigentlichen Spitalsbetrieb erfolgen. Das reicht von IT-Fachleuten über die Buchhaltung, die Hausbetreuung sowie Werkstätten bis hin zur Kantine.
Des Weiteren wurden sämtliche Geräte und Materialien wie Intensivpflegeeinheiten, medizinische Ausrüstung, Pflegewägen, Garderoben und Spinde in den Standort Meidling umgesiedelt. In den vergangenen Wochen wurden knapp 1.200 Umzugskartons gepackt und von rund 90 Speditionsmitarbeitern:-mitarbeiterinnen übersiedelt. Zusätzlich wurden Anpassungen in den Verträgen für Miet- und Leihgeräte vorgenommen, um einen reibungslosen Betrieb an den neuen Standorten sicherzustellen. Geleaste Geräte sind zum Beispiel per Vertrag an die Nutzung an einem bestimmten Standort gebunden.
Für das Personal wurden Vorbereitungen getroffen, darunter Einschulungen, Ausgabe von Zutrittskarten und Schlüsselübergaben sowie die Zuweisung von Parkplätzen und Spinden.
7. Mitarbeiter:innenschutz
Die Übersiedlung eines ganzen Spitals ist ein unglaublicher Kraftakt – vor allem für die Mitarbeiter:innen. Ihr Schutz hat ebenso Priorität wie die Gesundheit unserer Patienten:Patientinnen. Aufgrund der temporären Leistungsverlagerung wurde eine Sozialvereinbarung für die Mitarbeiter:innen beschlossen. Diese regelt ein großes Bündel an Abfederungs- und Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere für die Mitarbeiter:innen des Standorts Brigittenau. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass es weder Kündigungen noch andere Schlechterstellungen für die Mitarbeiter:innen geben wird.
Viele Teams arbeiten weiterhin in der gewohnten Zusammensetzung. Für alle anderen gibt es Lösungen, in dem sie zum Beispiel in bestehende Teams integriert werden. Vereinzelt sind noch offene Fragestellungen wie zum Beispiel ein individueller Arbeitsweg zu klären, auch hierfür werden in absehbarer Zeit Lösungen gefunden.
II. Das Gebäude Brigittenau feuerpolizeilich sicher machen
1. Brandlast reduzieren: Alle brennbaren und beweglichen Materialien ausräumen
Alles, was brennen kann, muss raus – vom Notizzettel bis zum Kopiergerät. Konkret heißt das: In enger Abstimmung mit der Behörde wurde die Räumung von Büros, Bettenstationen, Inventar und Technik veranlasst. Akten, Ordner, Möbel, Matratzen, Vorhänge, Akkus für Betten wurden übersiedelt bzw. eingelagert. Alleine diese Maßnahmen bedeuten einen logistischen Kraftakt.
2. Technische Maßnahmen (z. B. neue Brandschutzbeschichtung) umsetzen
Das betrifft die feuerpolizeiliche Absicherung des Standorts und sofortige Ertüchtigung von Teilbereichen. Unsichere Bereiche wurden bereits bzw. werden in der nächsten Woche - nach Absiedelung der Bereiche - vollständig geräumt. In den nächsten Wochen und Monaten werden verschiedene für die weitere Nutzung geplanten Bereiche sukzessive ertüchtigt.
3. Betriebsfeuerwehr aufbauen
Derzeit wird am Aufbau einer 24/7-Betriebsfeuerwehr gearbeitet. In der ersten Hälfte des Aprils wird diese in voller Stärke – nach Durchführung aller notwendigen Schulungen - einsatzbereit sein. Bis dahin unterstützt uns die Berufsfeuerwehr Wien in Form von dauerhafter Präsenz einer kompletten Mannschaft.
III. Planen für die Zukunft
1. Zeitnahe Container- oder Modullösung
Aktuell werden jene Bereiche des Bestandsgebäudes in der Brigittenau evaluiert, die Anfang 2025 nach Ertüchtigung wieder in Betrieb genommen werden können. Dies erfolgt in laufender partnerschaftlicher Abstimmung mit den Behörden.
Parallel werden jene Bereiche festgelegt, die bis Anfang 2025 in Container- bzw. Modulbauweise errichtet werden müssen. Die bevorzugte örtliche Lösung ist dabei der Abbruch der angrenzenden Parkgarage. Weiters arbeiten wir bereits an einem Raum- und Funktionsprogramm, einem Betriebsorganisationskonzept sowie in weiterer Folge an einem Raumfeinkonzept. Parallel dazu werden eine vergaberechtlich notwendige Ausschreibung erstellt und Vorbereitungen zum Abbruch der Parkgarage getroffen.
2. Standortentwicklung 2030
Für die Brigittenau sieht unser Plan die Errichtung eines Forschungs-, Wirtschafts- und Gesundheitscampus in Kooperation mit verschiedenen Partnern vor. Wie berichtet, wurde dazu im vergangenen Herbst ein Letter of Intent von AUVA, Stadt Wien sowie Wirtschaftskammer Wien unterzeichnet. Wir bekennen uns zum Standort Brigittenau und halten an den Planungen weiterhin fest.