Sie möchten am Laufenden bleiben? Auf dieser Übersichtsseite finden Sie wichtige Neuerungen bei Rechtsvorschriften, die für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz relevant sind.
Hier erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten neuen bzw. geänderten Rechtsvorschriften zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Die Auswahl enthält Rechtsvorschriften (aus Österreich und der EU), die unmittelbar den Arbeitnehmer:innenschutz betreffen oder dafür relevant sein können.
Die Beiträge geben einen groben Überblick über ausgewählte Inhalte. Detail-Informationen sind den jeweiligen (rechtverbindlichen) Rechtsvorschriften zu entnehmen. Diese sind kostenlos im RIS-Rechtsinformationssystem des Bundes (AT) unter www.ris.bka.gv.at und EURLex (EU) unter www.eur-lex.europa.eu abrufbar.
Mai und Juni 2024
Österreich
Die Änderungen zur Verordnung über brennbare Flüssigkeiten 2023 (VbF 2023) traten mit 1. Juli 2024 in Kraft und betreffen insbesondere:
In Sicherheitsschränken, die lediglich mit einem Kohlenwasserstoff-Filter versehen sind, darf nach der VbF 2023 nur eine beschränkte Menge brennbarer Flüssigkeiten gelagert werden. Mit der Novelle wurde die bestehende maximale Gesamtsumme von 100 Liter (Gefahrenkategorien 1 und 2) weiter heruntergebrochen. So darf in solchen Sicherheitsschränken nun brennbare Flüssigkeit gelagert werden:
- Gefahrenkategorie 1: max. 50 Liter
- Gefahrenkategorie 2: max. 100 Liter
- In Summe (Gefahrenkategorie 1 und 2) jedoch max. 100 Liter
Zur Erinnerung: die Gefahrenkategorien der VbF 2023
Gefahrenkategorie 1 | Flammpunkt < 23° C und Siedebeginn ≤ 35°C | CLP-Einstufung: H224 - extrem entzündbar |
Gefahrenkategorie 21 | Flammpunkt < 23°C und Siedebeginn >35°C | CLP-Einstufung: H225 - leicht entzündbar |
Gefahrenkategorie 3 | Flammpunkt ≥ 23°C und ≤ 60°C | CLP-Einstufung: H226 - entzündbar |
Gefahrenkategorie 4 | Gasöle2, Petroleume3 | Gasöle sind z. B. Diesel, Heizöl extra leicht |
1 Motorbenzin (z. B. Ottokraftstoffe, Alkylatbenzine) gilt als Gefahrenkategorie 2 (§ 3 Abs. 5)
2 Gasöle: flüssige Mineralölprodukte mit einer Siedetemperatur zwischen 190°C und 400°C, die zum Betreiben von Kraftfahrzeugen mit Selbstzündung oder zu Heizzwecken dienen (z. B. Diesel, Heizöl extra leicht)
3 Petroleum: flüssiges Mineralölprodukt mit einer Siedetemperatur zwischen 175°C und 325°C
Die Bestimmungen der VbF 2023 gelten auf Arbeitsstätten, Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen. Mit der bestehenden Regelung der Lagermengen war unklar, welche Mengen brennbarer Flüssigkeiten in Vorratscontainern auf Baustellen gelagert werden dürfen, die keine feuerhemmenden Eigenschaften haben (kein eigener Brandabschnitt).
Mit der Novelle erfolgte eine Klarstellung, dass in Bezug auf Lagermengen brennbarer Flüssigkeiten in derartigen Vorratscontainern auf Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen Tabellenziffer 1 des § 33 Abs. 1 anzuwenden gilt.
Ist ein Lagercontainer in EI 90-Ausführung verfügbar, so ist er als „Lagerraum“ zu sehen (vgl. § 4 Z 20) und es können die Bestimmungen für Lagerräume herangezogen werden.
Zur Erinnerung die Lagermengen-Tabelle des § 33: RIS-Link
Die Novelle brachte hier Bestimmungen für eigene Schutzstreifen um Lagerbereiche bei oberirdischer Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten der Gefahrenkategorie 4.
Es müssen nun folgende Schutzstreifen eingehalten werden:
Für bereits genehmigte gewerbliche Betriebsanlagen, für Eisenbahnanlagen und Bodeneinrichtungen, mit deren Bau vor Inkrafttreten dieser Verordnung begonnen wurde (Stichtag 1. März 2023), und für vor Inkrafttreten dieser Verordnung genehmigte Rohrleitungsanlagen gilt die VbF 2023 nicht vollinhaltlich, es gibt dazu Übergangsbestimmungen.
Eine wichtige Änderung mit der Novelle betrifft die Übergangsfrist bezüglich einer Anpassung von Lagerbehältern in Abhängigkeit der Herstellungsjahre an § 6 Abs. 4 letzter Satz und dem § 8 Abs. 2 Z 1 und Z 5.
- Leckanzeigesystem von unterirdischen Lagerbehältern muss als Über- oder als Unterdrucksystem mit gasförmigem Betriebsmedium ausgeführt sein (§ 6 Abs. 4 letzter Satz)
- Über Einstiegsöffnungen von unterirdischen Lagerbehältern müssen dicht mit dem Lagerbehälter verbundene Domschächte angeordnet sein (§ 8 Abs. 2 Z 1)
- Domschächte müssen so ausgeführt sein, dass Leckagemengen erkannt, zurückgehalten und beseitigt werden können (§ 8 Abs. 2 Z 5)
Für Lagerbehälter mit dem Herstellungsjahr bis 1985 kann die bisher bestehende Frist zur Entsprechung der obigen Vorgaben über den 31.12.2025 ausgedehnt werden bis:
- 31.12.2027: bei positiver Prüfbescheinigung spätestens bis 31.12.2025 – Dichtheitsprüfung nicht vor 1.1.2025
- 31.12.2029: bei weiterer positiver Prüfbescheinigung - Dichtheitsprüfung frühestens 1.1.2027
Die geforderte Dichtheitsprüfung ist nach § 23 Z 3 VbF 2023 zu machen:
„unterirdische und teilweise oberirdische Lagerbehälter einschließlich ihrer Armaturen und angeschlossenen Rohrleitungen müssen einer Dichtheitsprüfung unterzogen werden; der Prüfdruck muss den im Lagerbehälter auftretenden höchsten Betriebsdruck um mindestens 0,3 bar übersteigen; nach Temperaturausgleich darf sich der im Lagerbehälter bestehende Prüfdruck unter Berücksichtigung der zulässigen Messtoleranzen mindestens eine halbe Stunde lang nicht verändern“
Die weiteren Übergangsfristen zur Entsprechung von Lagerbehältern in § 49 Abs. 1 Z 2 sind gleichgeblieben.
Weitere Übergangsbestimmungen wurden neu eingeführt:
- Mechanische Überfüllsicherungen müssen im Rahmen der wiederkehrenden Prüfung gemäß § 26 Abs. 3 Z 4 nicht geprüft werden (vgl. § 49 Abs. 1 Z 5)
- Abweichend von § 35 Abs. 2 Z 1 und Z 2 gilt: kein Schutzstreifen bis zu 5.000 l; bei mehr als 5.000 l bis zu 10.000 l ein Schutzstreifen von 10 m (vgl. § 49 Abs. 1 Z 6)
- Abweichend von § 35 Abs. 3 gilt: kein Schutzstreifen bis zu 200.000 l (vgl. § 49 Abs. 1 Z 7)
- Abweichend von § 36 Abs. 2 dürfen Gasöle in oberirdischen Lagerbehältern insgesamt bis zu einer Menge von 12.000 l, bei Betriebstankstellen insgesamt bis zu einer Menge von 20.000 l, gelagert werden (vgl. § 49 Abs. 1 Z 8)
- Füllstellen an Tankstellen müssen dem § 45 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz spätestens nach Ablauf von zehn Jahren ab dem Inkrafttreten der VbF 2023 (1.3.2023) entsprechen (vgl. § 49 Abs. 1 Z 9)
Die Änderungen im ASchG treten rückwirkend mit 1. Jänner 2024 in Kraft.
Für Erleichterungen bei Unternehmens- bzw. Betriebsübergaben wurden durch diese Sammel-Novelle im „Grace-Period-Gesetz“ die Bundesabgabenordnung (Artikel 1), die GewO (Artikel 2) und das ASchG (Artikel 3) geändert.
Durch die neue Bestimmung des § 101a ASchG sollen Erleichterungen bei Betriebsübergaben für die Dauer von 2 Jahren ab Übergabe in folgenden Bereichen geschaffen werden:
- Werden Sicherheitsvertrauenspersonen bestellt, so darf die Mitteilung an das Arbeitsinspektorat nach § 10 Abs. 8 innerhalb dieses zweijährigen Zeitraums erfolgen.
- Der Arbeitsschutzausschuss (ASA) ist abweichend von § 88 Abs. 5 erster Satz nur mindestens einmal innerhalb der zwei Jahre einzuberufen. Vorsitz, Einladung und Protokoll sind in diesem Zeitraum an keine Formerfordernisse gebunden, § 88 Abs. 4, Abs. 5 letzter Satz und Z 1 bis 3 sowie Abs. 7 und 8 kommen nicht zur Anwendung.
Aus Sicht der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz in der Praxis sind die neuen Erleichterungen zu relativieren. In der Zeit eines betrieblichen Umbruchs – den eine Betriebsübergabe sicherlich darstellt – ist der Arbeitsschutzausschuss (ASA) ein wichtiges Instrument, welches gerade in dieser Periode für Stabilität und Unterstützung in Hinblick auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz dienen kann und soll. Der ASA fungiert als zentrale und strukturierte Kommunikationsplattform zur Zusammenarbeit, Berichterstattung sowie zum Informationsaustausch hinsichtlich aller Anliegen, der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes, der betrieblichen Gesundheitsförderung sowie der Arbeitsgestaltung. Die Einberufung eines ASA stellt einen großen Nutzen im Vergleich zum geringen Aufwand dar. Unter Einbindung der Präventivdienste und Belegschaftsorgane sind derartige Strukturen insbesondere in größeren Arbeitsstätten unerlässlich für die innerbetriebliche Koordination sowie für den Austausch auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz. Es wird in der betrieblichen Praxis daher durchaus sinnvoll sein, ASA-Sitzungen auch bei Betriebsübergaben öfter als nach den nun bestehenden Mindestanforderungen einzuberufen. Nicht zuletzt können damit Informations-, Anhörungs- und Beratungspflichten gebündelt und reduziert werden.
EU
ESPR: Ecodesign for Sustainable Products Regulation
Die EU-Verordnung tritt grundsätzlich am 18.7.2024 in Kraft, hat jedoch diverse Übergangsbestimmungen zu einzelnen Umsetzungsschritten. Sie ist eine allgemeine Rahmenverordnung, einzelne Aspekte werden später durch weitere Rechtsakte der Europäischen Kommission konkretisiert. Diese Verordnung löst die derzeit bestehende Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG ab. Die neue Verordnung ist Bestandteil des „Europäischen Green Deals“.
Durch Festlegung bestimmter Ökodesignanforderungen soll die Nachhaltigkeit von Produkten über den gesamten Lebenszyklus verbessert werden. Dazu wird auch ein „Digitaler Produktpass“ (DPP) mit bestimmten Informationen eingeführt werden. Eine dieser Anforderungen ist das Vorhandensein von besorgniserregenden Stoffen zur Verringerung der Exposition gegenüber Chemikalien. Dies kann indirekt auch für die Arbeitssicherheit von Nutzen sein. Entsorgungsunternehmen können beispielsweise einem künftigen DPP Informationen zur Recyclingfähigkeit entnehmen.
Im Regelungsbereich stehen fast alle physischen Produkte, die in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, mit Ausnahme von: Lebensmitteln, Futtermitteln, Arzneimitteln, Tierarzneimitteln, lebenden Pflanzen, Tieren, Mikroorganismen, Erzeugnissen menschlichen Ursprungs, Erzeugnissen von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen, und bestimmten Fahrzeuge.
Die Verordnung enthält verschiedene Pflichten insbesondere für:
- Hersteller:innen bzw. Bevollmächtigte
- Importeure:Importeurinnen
- Vertreiber:innen
- Händler:innen
- Fulfilment-Dienstleister:innen
- Anbieter:innen von Online-Marktplätzen und Online-Suchmaschinen
Funktionsbeständigkeit | Zuverlässigkeit | Wiederverwendbarkeit | Nachrüstbarkeit |
Reparierbarkeit | Wartung & Instandsetzung | Besorgniserregende Stoffe (Chemikalien) | Energieverbrauch & Energieeffizienz |
Wassernutzung und Wassereffizienz | Ressourcennutzung & Ressourceneffizienz | Rezyklatanteil | Wiederaufbereitung |
Recyclingfähigkeit | Material-Verwertung | Umweltauswirkung | Abfallmengen |
Ein Arbeitsplan ist bis 19. April 2025 von der Europäischen Kommission zu erlassen.
Eisen und Stahl | Aluminium | Textilien (inkl. Bekleidung & Schuhe) | Möbel (inkl. Matratzen) |
Reifen | Waschmittel | Anstrichmittel | Schmiermittel |
Chemikalien | IKT-Produkte | sonstige Elektronik | neue und bestehende energieverbrauchsrelevante Produkte |
Mit einem produktgruppenspezifischen digitalen Produktpass sollen die geforderten Nachhaltigkeitskriterien abgerufen werden können wie beispielsweise das Vorhandensein von besorgniserregenden Stoffen. Informationen aus diesem Produktpass können – je nach Ausgestaltung – neben anderen Herstellerinformationen (z. B. Sicherheitsdatenblatt, Technische Datenblätter usw.) auch als zusätzliche Informationsquelle dienen. Welche Informationen ein derartiger Pass enthalten soll, wird in einem weiteren Rechtsakt der Europäischen Kommission festgelegt werden.
Details können den entsprechenden Rechtsvorschriften entnommen werden.
Eine Übersicht der Änderungen im Zeitraum Jänner 2023 bis April 2024 finden Sie unter Neue Gesetze und Verordnungen | Sicheres Wissen
Bei Fragen zum Thema steht Ihnen das AUVA-Präventionsteam gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter sichereswissen@auva.at